Wir haben eine Gang-Demokratie. Genauso wie Motorrad-Gängs (ähnlich der Mafia) immer mehr zulauf bekommen.
D.h. Menschen schließen sich zusammen um besser zu überleben als andere.
Ähnlich wie sich Bakterien zu Mehrzelligen Organismen zusammengeschlossen haben um gegenüber andere Bakterien einen Überlebensvorteil zu haben.
Bakterien-Gangs sozusagen.
Aber auch um andere Auszubeuten (Prostituion) und Macht („arbeit mal du, ich trinke bier“) und Geld und Einfluss zu nehmen.
Wer in Los Angeles oder New York oder auch nur in Deutschland ein wenig mit offenen Augen herumläuft, der weiß…
„Der Puff  gehört den Broncos“
… vor dem Puff eine amerikanische Corvette mit Bronco Aufkleber. Daneben ein klappriger Fiat Aufkleber „Bronco Support“.
Ab und zu kommt mal ein langahriger Mann aus dem Haus oder eine seiner thailändischen Nutten.
Ich habe es prophezeit, wenn wir nicht wollen, dass das Gesetz von Kriminellen Vereinigungen unser Land regiert… (tut Sie ja schon, Sie heißt: Lobbyismus, BASF ist so gesehen auch eine kriminelle Vereinigung auf höchster Ebene mit viel Geld und Einfluss auf die Regierungen dieser Welt)

Wer wird darunter leiden?

Die Bevölkerung!

Was kann die Bevölkerung tun?

1. sich besser organisieren und der Wirtschaftskrise trotzden durch mehr Solidarität und per Internet organisierte Kooperation.

… die mehrheit wird wohl zu einem anderen Mittel greifen, wie erst neulich in Ungarn zu sehen: RECHTS WÄHLEN!

… ist die Menschheit noch zu RETTEN? ICH WANDER AUS!

Film: Plastik Planet interview: EU Umweltkommissarin Margot Wallström
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28. Januar 2007, 08:25 Uhr

Lobbyismus in der EU

Kapitulation im Kampf gegen die Krebserreger

Von Nils Klawitter (andscheinend ein Mitglied der Piratenpartei, welche sich ja ganz offen für Transparenz EINSETZT 🙂 GUT SO! THUMBS UP!)

Mehr ukorrumpierte News: http://twitter.com/PiratWeber

Die EU hat gerade die große neue Chemierichtlinie verabschiedet, die Verbraucher vor Tausenden Giften schützen soll. Tatsächlich ist eher sie selbst ein Sicherheitsrisiko – denn die Industrie hat Europas Politiker weichgekocht. Ein Lehrstück für Lobbyisten.

Hamburg – Jahrelange Grabenkämpfe, tausende Änderungsanträge: Nie ist um europäisches Gesetz mehr gestritten worden als um Reach. Das Kürzel steht für die Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien. Es zielt ins Herz der europäischen Industriegesellschaft.

EU-Parlament bei der Abstimmung über Reach: Richtlinie aufgeweicht, Anforderungen gelockert, die Konzerne von Kosten befreit

AP

EU-Parlament bei der Abstimmung über Reach: Richtlinie aufgeweicht, Anforderungen gelockert, die Konzerne von Kosten befreit

30.000 Stoffe, die in unserem Parkettboden kleben oder auf Äpfel gespritzt werden, in Babyflaschen, Pullovern und Shampoos stecken, sollen ab 2007 registriert werden. Darunter: rund 4000 gefährliche und besonders gefährliche Chemikalien, die schärfer kontrolliert werden sollen.Vor gut einem Monat, am 13. Dezember, stimmte das Straßburger EU-Parlament dem Mammutwerk in zweiter Lesung zu. Auf der anschließenden Pressekonferenz waren Journalisten zu sehen, die bereits die frischen Reach-Dokumente mit sich trugen, aber vor Gewicht kaum halten konnten.

Zahlennebel füllte den Konferenzsaal: Allein die Ausführungsbestimmungen des Regelwerks werden etwa 20.000 Seiten lang werden. 5000 Änderungsanträge sind allein in den vergangenen drei Jahren bearbeitet worden. Noch Fragen?

Das Wissen kam hintenrum

„Haben Sie Kontaktversuche von der Industrie gehabt?“ Günter Verheugen, EU-Industriekommissar, frisch gebräunt und gut gelaunt, lächelt mühsam. „Nein“, sagt er. „Insbesondere das Land, das ich besonders kenne, hat sich erstaunlich zurückhaltend gezeigt.“ Für die großen Firmen sei Reach sowieso „nie ein Problem“ gewesen, sagt Verheugen. Einige im Saal lachen.

Verheugen glaubt, es sei „beispielhaft gelungen, ambitionierte Gesundheitsziele mit Industriepolitik zu verbinden“. Auch der Parlamentsberichterstatter Guido Sacconi lächelt. Auf die Frage nach dem Lobbydruck sagt er leise: „Auch ich habe das lebend überstanden.“ Der Druck sei „wahnsinnig“ gewesen.

Misst man Reach an der Situation vor acht Jahren, ist tatsächlich ein Fortschritt zu erkennen. Bis dahin musste die Industrie nämlich kaum Informationen über die etwa 100.000 von ihr verwendeten Stoffe geben. Die Korrelation zwischen Krebserkrankungen und bestimmten chemischen Stoffen war zwar bekannt, aber nicht durch besondere Transparenz der Industrie. Das Wissen kam hintenrum, durch Chemieunfälle, verendete Tiere oder erkrankte Menschen an bestimmten Arbeitsplätzen.

1993 wollten die EU-Umweltminister mithilfe der Industrie die 140 prekärsten Stoffe bewerten, doch Daten dazu wurden kaum geliefert. „Man ist mit diesem Vorhaben verhungert und hat sich dann gesagt: ‚Dieses Spiel gewinnt man nicht'“, sagt Uwe Lahl, Ministerialdirektor im Bundesumweltministerium.

1998 entschlossen sich die EU-Umweltminister, die Spielregeln zu ändern. Reach sollte die Informationslücken schließen: Nicht mehr die Behörden sollten prüfen, sondern die Hersteller sollten die Ungefährlichkeit der Substanzen beweisen. Wer keine Daten liefern wollte, der sollte draußen bleiben. Reach sah außerdem eine Informationspflicht über die Chemikalien vor – der Verbraucher sollte wissen, was in seinen Produkten steckt. Und dann gab es noch das Substitutionsprinzip: Wenn verfügbar, sollte die Industrie einen gefährlichen Stoff durch einen ungefährlichen ersetzen.

Was herauskam, ist für viele die nahezu perfekte Verschmelzung von Lobbyismus und Industriepolitik. Ein Sicherheitsrisiko.

Das Risiko bleibt hoffähig

Nach jahrelanger Verwässerung sieht es nun so aus: Ersetzt werden muss immer noch nichts – selbst dann nicht, wenn Alternativstoffe vorhanden sind. Grund dafür ist die von der Industrie favorisierte Formel der „adäquaten Kontrolle“ – eine Zauberformel, die ignoriert, dass Wissen begrenzt ist und die Schaden in Kauf nimmt, wo er vermieden werden könnte.

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Viele Stoffe, die nach Studien von der EU als krebserregend oder fortpflanzungsschädigend eingestuft worden sind, müssen von den Herstellern nur entsprechend kontrolliert werden können – etwa so, wie sie es jahrelang von den Weichmachern behauptet hatten, die dann im Babyspielzeug auftauchten. Phthalate, perfluorierende Tenside, bromierte Flammschutzmittel: Hochrisikostoffe bleiben durch Reach hoffähig.

Selbst wenn ein gefährlicher Stoff nicht adäquat kontrollierbar ist, hat er Zukunft: Und zwar dann, wenn sein „gesellschaftlich-ökonomischer“ Nutzen das Gesundheitsrisiko übersteigt und keine Alternative vorhanden ist. So wird es etwa bei den weit verbreiteten hormonell wirksamen Schadstoffen sein. Zu diesen potentiell fortpflanzungsschädigenden Substanzen zählt die europäische Lebensmittelbehörde etwa das Insektizid Methomyl. Auch bestimmte Moschusverbindungen in Parfums gehören dazu.

Sicher, irgendwann, in etwa 15 Jahren, soll es heißen: Leg‘ doch mal einen Substitutionsplan vor. Eine Verpflichtung zum Ersatz ist aber auch dann nicht vorgesehen.

Und der Verbraucher? Sollte ursprünglich erkennen können, ob gefährliche Stoffe in seiner Kleidung oder seinem Teppich verarbeitet wurden. Er sollte Politik mit seinem Einkaufswagen machen können. Doch eine Kennzeichnungspflicht gibt es nun praktisch nicht. Immerhin müssen ihm auf Anfrage Hochrisikostoffe in den Produkten genannt werden, nach ein paar Wochen, irgendwann. So sieht sie aus, die vermeintliche Revolution zum Schutz von Mensch und Umwelt.

Schwergewichtsgegner Chemieindustrie

Der Lobbydruck bei Reach war „höher als bei jedem anderen Gesetzesvorhaben der Kommission“, sagten 2003 die damaligen Kommissare Margot Wallström (Umwelt) und Erkki Liikanen (Unternehmen). Kommission und Parlament hatten es mit einem Schwergewichtsgegner zu tun: der europäischen Chemieindustrie. 436 Milliarden Euro setzte die Branche im Jahr 2005 um. Das ist zwar nur rund ein Drittel der Erlöse der größten Ölmultis, aber immerhin mehr als die Automobilindustrie in Europa. Sie ist eine der umsatzstärksten Branchen auf dem Kontinent – und wird von den Deutschen dirigiert. Was alle zu spüren bekamen.

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Anfang 2001 hatte das sogenannte White Paper, ein Reach-Entwurf der Kommission, die Branche in Schockstarre versetzt. Der Politik dagegen ging der Entwurf nicht einmal weit genug: Die Regierungschefs Tony Blair, Gerhard Schröder und Jacques Chirac forderten bei einem Treffen in Göteborg sogar „noch höhere Umwelt- und Gesundheitsstandards als die Kommission“, erinnert sich Inger Schörling, die damalige grüne Berichterstatterin des EU-Parlaments. Gut zwei Jahre später, im September 2003, wollte das Trio davon nichts mehr wissen. In einem Brief an Kommissionspräsident Romano Prodi warnten die drei davor, die Wettbewerbsfähigkeit der Chemiebranche aufs Spiel zu setzen. Reach war plötzlich nicht mehr Chance, sondern Bedrohung.Hinter dem Sinneswandel stand die Chemieindustrie: Die verschwiegene Branche hatte auf einmal ganz viel zu erzählen und prophezeite bei jeder Gelegenheit den Rückfall in die Steinzeit. Mit Anzeigenkampagnen, die den millionenfachen Verlust von Jobs prophezeiten, wurde die öffentliche Meinung massiert – und die Wahrnehmung von Reach gedreht.

Der Horror wuchs mit jedem Gutachten

In der Politik begann die Bearbeitung relativ harmlos, mit Einladungen des deutschen Chemieverbandes VCI und seiner europäischen Mutter Cefic. Der VCI organisierte Essen und Workshops für EU-Parlamentarier – obwohl man den deutschen Volksvertretern als tatkräftiger Unterstützer gut bekannt war: Allein 2003 bedachte der Verband die CDU mit 100.000 Euro und die FDP mit 50.000 Euro. Weil die SPD oft nicht ganz so üppig beschenkt wurde, kümmerte man sich besonders um deren Parlamentarier. Triebkraft hinter den Verbänden war BASF, der größte Chemiekonzern der Welt. (Carl Wurster (Vorstandsmitglied) – Freispruch, 1952 Aufsichtsratsvorsitzender der „neuen“ BASF u.v.m. Vorstandsmitglied von IG Farben, Produzent des von den Nazis zur Judenvergasung eingesetzten Zyklon-B)

http://de.wikipedia.org/wiki/I.G.-Farben-Prozess

„Eine Tochtergesellschaft der Degussa AG und der I.G. Farben, die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch), vertrieb das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, das in den Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum Massenmord eingesetzt wurde.“

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Beim Ludwigshafener Unternehmen läuft der Kontakt zur Politik seit Jahren wie geschmiert: 2005 bestätigte der Konzern, 235 Politiker unter Vertrag zu haben. Um die Beatmung der Journalisten in Brüssel zu intensivieren, wurden für Reach Teile des BASF-Kommunikationsstabs aus Ludwigshafen nach Brüssel abkommandiert, erinnert sich Cefic-Sprecher Marc Devisscher.Die Verbände führten die BASF-Herren praktischerweise in Personalunion: 2003 übernahm BASF-Chef Jürgen Hambrecht den VCI, schon 2002 hatte BASF-Vorstand Eggert Voscherau, Bruder des langjährigen Hamburger SPD-Bürgermeisters Henning Voscherau, das Ruder bei Cefic übernommen.

Während Voscheraus Vorgänger Jean-Pierre Tirouflet 2001 seine eigenen Leute noch warnte, sich nicht immer nur zu beklagen, sondern auch „praktikable Lösungen“ zu entwerfen, schaltete der Deutsche auf stur: Mit Reach sei man dabei, „Europa zu deindustrialisieren“, warnte Voscherau im Sommer 2003.

Teil zwei: Die Zahlen der Industrie seien „gelinde gesagt ein wenig übertrieben gewesen“, räumt selbst Verheugen später ein.

Einige Monate zuvor hatte die Branche die Berater von Arthur D. Little ein Gutachten anfertigen lassen. Es trug den Titel „Wolken, Sturm oder Hurrikan“. In Deutschland seien bis zu 2,3 Millionen Jobs in Gefahr, orakelten die Gutachter – und so käuten es viele Medien wieder. Es war die Zeit, in der kaum seriöse Daten zu haben waren, dafür aber der Horror mit jedem Gutachten wuchs: 36 Jahre brauche die Industrie für die Tests, die neun Milliarden Euro kosten würden, hieß es aus Großbritannien.Die Zahlen der Industrie seien „gelinde gesagt ein wenig übertrieben gewesen“, sagte Verheugen später. Sein Kommissariat habe mehrfach nachgerechnet, immer sei eine Spanne zwischen 2,8 und 5,2 Milliarden Euro rausgekommen – über die kommenden elf Jahre.

In den Panikjahren 2002/2003 taten sich plötzlich ganz neue Allianzen auf: Tierschützer (aus Rücksicht auf die vielen Test-Mäuse), Gewerkschaften und die Großchemie kämpften Seite an Seite. Eingereiht hatten sich auch die Amerikaner: Außenminister Colin Powell schickte Action Requests an seine europäischen Botschafter, um vor Reach zu warnen. Ein Report des demokratischen Kongressabgeordneten Henry Waxman deckte später auf, dass die US-Regierung sogar vorschlug, unsichere Länder wie Schweden „zu neutralisieren“. Der Report zeigt aber vor allem, wie der US-Chemieverband ACC die Politik steuerte. Souffliert vom ACC warnte Colin Powell vor dem „kostspieligen, bürokratischen System“, das den „globalen Handel zerstören“ würde.

„Hart im Raume stoßen sich die Sachen“

Die Angst, den vermeintlich freien Handel mit unnützen Sicherheitsvorschriften zu beeinträchtigen und die Wachhunde der Welthandelsorganisation zu wecken, steckte der Kommission bis zum Schluss in den Knochen. An zahlreichen Stellen des Reach-Entwurfs wurden vor einigen Wochen noch eilig und mit schlechtem Gewissen die Worte „WTO-kompatibel“ eingefügt. Doch das könnte nach hinten losgehen. Was ist mit einem Chemikalienhändler, der auf Stoffe aus Asien angewiesen ist, darüber aber keine Daten bekommt? Findige Juristen könnten hier vielleicht was für ihn tun.

Im Oktober 2003 zeigt die erste Lobbywelle entscheidende Wirkung: Unter der italienischen Ratspräsidentschaft wird Reach dem Umweltrat entzogen und ausschließlich dem Wettbewerbsrat anvertraut. Zuständig waren also nur noch die Wirtschaftsminister. Unter den EU-Parlamentariern gewann Hartmut Nassauer  (CDU) entscheidende Bedeutung. Er wurde zu einem der Wortführer der konservativen Fraktion – und fungierte als Berichterstatter des wichtigen Binnenmarktausschusses.

Nassauer ist ein freundlicher weißhaariger Mann, dessen Büro weit oben im Brüssler Parlamentsgebäude liegt. Er war einmal hessischer Innenminister. Die Wirtschaft, sagt Nassauer, habe Reach „in einem bemerkenswerten Prozess aufgearbeitet“. Mit den politischen Gegnern seien die Unterschiede oft gar nicht groß gewesen. Dann zitiert er Schiller: „Leicht beieinander wohnen die Gedanken. Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.“

Nassauers Gedanken scheinen so nah bei denen der Industrie gewesen zu sein, dass er sie lesen konnte: Warnt der VCI am 8. November 2004 vor einem „ansteigenden Datenumfang, der in vielen Fällen für die sichere Anwendung nicht nötig ist“, so lautet Nassauers Echo drei Wochen später: „So erhöhten sich die Datenanforderungen drastisch, ohne dass dies zwingend durch ein erhöhtes Risiko für Mensch und Umwelt begründet sei.“

In seinem Jahresbericht 2005 stellte der VCI fest, Nassauer habe „unsere Vorschläge weitgehend übernommen“. Zu wichtigen Verhandlungen mit anderen Parlamentariern erschien Nassauer in entsprechender Begleitung. Er habe einen Herren vom VCI, einen von Bayer und einen vom US-Multi Dow Chemical dabei gehabt, erinnert sich der Parlamentsberichterstatter Sacconi – der sich selbst von Fachleuten aus den Generaldirektionen beraten ließ.

Geheime Vereinbarung der Troika?

Günter Verheugen griff Ende 2004 in den Reach-Prozess ein, als er Industriekommissar geworden war. Ein Beispiel für sein Mitwirken war das sogenannte Room Paper vom September 2005. Es fußte auf einer Vereinbarung von Verheugen, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Umweltkommissar Stavros Dimas. Unter Umgehung der anderen Kommissare wurde vereinbart, Reach aufzuweichen. Datenanforderungen für bestimmte Chemikalien wurden gelockert – und die Industrie von Kosten befreit. Umweltkommissarin Margot Wallström kritisierte dies wenige Wochen später in der Presse scharf. Sie könne „keinen einzigen guten Grund sehen, warum die Kommission ihre Position abmindern solle“, sagte Wallström.

Eine solche Sitzung habe es nie gegeben, blafft Verheugen in seinem Straßburger Kommissar-Büro. Dann fragt er seinen Assistenten: „Wann war das eigentlich, als wir mit Barroso gesprochen haben?“ Verheugen scheint ein bisschen zu schwimmen. Eines kann er sicher sagen: „Das Wort Datenanforderungen fiel nicht.“ Wenn die großen Konzerne nie etwas gegen Reach hatten, wie Verheugen meint, warum haben sie sich dann so ins Zeug gelegt – und sich bei Verheugen per Brief bedankt?

Von Briefen wisse er nichts, sagt Verheugen, der eigentlich seine gesamte Reach-Korrespondenz veröffentlicht haben will. „Was steht da drin? Gab es Geschenke dazu?“ BASF-Chef Hambrecht wandte sich mindestens zwei Mal an Verheugen. Im Dezember 2004 bat er um ein Gespräch, um einen Ausweg „aus diesem Dilemma“ zu finden. Das war im Dezember 2005 dann aber offenbar geschafft. Verheugen sei es gelungen, lobt Hambrecht, durch umsichtige Führung „die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieindustrie“ (mit NICHT-Demokratischen Ländern Ohne MENSCHENRECHTE wie Nord Korea oder China) zu erhalten. Doch die Wunschliste der Industrie war offenbar bis kurz vor Ende der zweiten Lesung noch nicht ganz abgearbeitet.

Am 27. November 2006 trafen sich Vertreter der Kommission, des Parlaments und des Rates zu einem sogenannten informellen Trilog. Das ist etwa das, was Staatsanwälte und Richter „Deal“ nennen – er beschleunigt die Sache, dient ihr aber nicht.

In dem Trilog bezeichnete Verheugen den vorliegenden Ratsvorschlag als „großen Schritt“. Er sah allerdings überhaupt keine Substitutionspflicht vor, wie das Parlament sie in der ersten Lesung beschlossen hatte. Der Berichterstatter Sacconi sagte, das sei ungenügend. Als schließlich auch noch Umweltkommissar Dimas den Vorschlag als höchstens „kleinen Schritt“ kritisierte und der CDU-Mann Karlheinz Florenz, Vorsitzender des Umweltausschusses, sich über diese Meinungsverschiedenheit der Kommissare verwunderte, da wurde Verheugen ärgerlich. Eine Substitutionspflicht sah Reach nicht mehr vor.

Am Ende schaute der Berichterstatter nur noch zu

Am 30. November traf man sich im Raum 1H1 in Brüssel noch einmal zum Schachern. Sacconi, der die sozialdemokratische und konservative Mehrheit im Parlament organisieren sollte, hatte in den Wochen zuvor fast nur noch drangeben müssen: die Substitution, die ursprünglich geplanten Sicherheitstests für Chemikalien unter einer Jahresproduktion von zehn Tonnen – alles gestrichen. Auf Wunsch der Konservativen, die sich lange als Schützer des Mittelstands aufgespielt hatten, wurde den Unternehmen zugesichert, ihre ermittelten Daten länger für sich behalten zu dürfen. Eine Verschärfung, die fast nur den großen Firmen zugute kommt.

Am Vormittag dieses 30. Novembers klingelte das Telefon bei Sacconi Sturm. „Tierschützer fragten, ob ich 30 Millionen Mäuse opfern wolle, die chemische Industrie wollte wissen, ob ich 20.000 Jobs gefährden wolle.“ Die letzte Sitzung am Abend dauerte über zwei Stunden. Sacconis Assistentin hatte ihm vorher Kamillentee gebracht. Der Berichterstatter sagte am Ende gar nichts mehr, schaute nur noch zu, wie sich Karlheinz Florenz und die Vertreterin des finnischen Ratspräsidenten, Nina Vaskunlahti, behakten. Vielleicht wird auch diese Szene in dem Buch vorkommen, das Sacconi über Reach vorbereitet.

Florenz wollte für die Industrie erreichen, dass Daten für neue Stoffe länger geheim gehalten werden können. Das schütze gegen Raubkopien. Obligatorische Tests zur Fortpflanzungsschädigung, die er eigentlich ganz verhindern wollte, sollten nun so früh wie möglich auf den Prüfstand. „Es lief nach dem Motto: Gib’ mir hier zwei Jahre, dann gebe ich dir hier drei“, sagt eine Teilnehmerin des Treffens.

Und irgendwann habe Karlheinz Florenz gesagt: „Jetzt sind wir hier aber wirklich auf dem Pferdemarkt.“ Dann wurde gelacht.

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